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Tag 60 Hanmer Springs - Molesworth Station

Krönender Abschluss der Südinsel Teil 1

 

Phänomenale und anstrengende 85 Kilometer mit knapp 1.500 Höhenmetern

Start in den Tag

Oh Gott ich habe so schlecht geschlafen und so viel von dem Trail geträumt. Ich glaube so nervös bin ich vor noch keinem Radrennen gewesen. Was kommt auf mich zu? Wie wird die Straße sein? Wie wird das Wetter? WIe kalt wird es? Werde ich komplett alleine sein oder gibt es jemanden, der mir zur Not helfen kann? Habe ich ausreichend Wasser und ausreichend zu Essen dabei?

All diese Fragen und noch vieles mehr ging mir in der letzten Nacht durch den Kopf und jetzt war es so weit. 7 Uhr aufstehen, rausgehen und siehe da: keine Wolke am Himmel, aber wirklich auch keine! Wow das war überraschend und deutlich besser als vorhergesagt. Mal wieder alles richtig gemacht und nicht noch eine weitere Nacht in Hanmer Springs verbracht, dachte ich direkt.

Schnell nochmal unter die Dusche, das würde ich nämlich erst übermorgen wieder machen können. Leckeres Obstfrühstück, alles aufs Fahrrad packen und auf gehts.

Jacks Pass - die erste hohe Hürde

Mit dem Jacks Pass ging es heute direkt mal von 350m auf 850m hoch und das über eine reine Gravelroad. Der Pass lag zum Glück noch im Schatten und so war es zwar recht kühl, aber das war mir lieber, als schon in der prallen Sonne den Berg hoch zu fahren. Auch wenn die Luft hier kalt ist, so ist die Sonne sehr sehr heiß.

Ich hatte einige Momente, wo ich kurz davor war vom Fahrrad zu steigen und zu schieben. Nicht nur die zuätzlichen drei Kilo Wasser und das zusätzliche Essen, sondern auch die sehr sehr steile Straße, sorgte dafür, dass ich zum ersten Mal seit sehr langer Zeit einen Puls jenseits von 170 auf meinem Tacho hatte. Ca. sechs Kilometer ging es bergauf und ich merkte schon, ok ganz alleine auf der Straße würde ich nicht sein. Es waren nicht viele, aber eine Hand voll Autos fuhren an mir vorbei, bis ich endlich den Gipfel erreichte.

Der Ausblick belohnte schon für die Anstrengung genug und so blieb ich kurz oben stehen und genoss es diese Aussicht ganz für mich allein zu haben.

 

Genussvolle Tour bis Anchorage

 

Die nächsten Kilometer bis Anchorage, dem Notfall Campingplatz, den es noch zwischen Hanmer Springs und Molesworth Station gab, waren einfach herrlich. Ich machte viele Fotos, ein paar Videos und rollte langsam mit leichtem Rückenwind durch das auf 800 Metern liegende Tal. Die Straße war zum Großteil sehr sehr gut und so kam ich auch gut vorwärts.

Ich fuhr durch den ein oder anderen Bach, hörte den Vögeln zu und die Hummeln summten um mich herum. Es war nicht zu warm und es war so ziemlich alles perfekt würde ich sagen. Am Campingplatz machte ich einen kurzen Stop für kleine Jungs und sattelte dann wieder auf.

Kurz nach meinem Halt traf ich eine Mountainbikerin, die wohl auch gerade ein Pause gemacht hatte. Wir unterhielten uns kurz und dann fuhr ich weiter. Ich würde sie wohl später wiedertreffen, wenn sie hatte das gleiche Tagesziel wie ich. Es war ein gutes Gefühl jemanden hinter sich zu haben, der einem im Notfall evtl. helfen könnte. Wie schnell dieser Notfall kommen würde, das hatte ich allerdings nicht erwartet.

Mittagspause der Superlative

 

Wann hatt man schonmal so einen Ausblick zur Mittagspause?!?! Naja ich auf jeden Fall nicht oft und in Deutschland wohl gerade bei Regen und 5 Grad sowieso keiner. Umso schöner war es dort mein Marmeladenbrot, einen Apfel und eine Banane zu genießen. Es war mittlerweile auch ziemlich warm und so war die erste Wasserflasche für heute schon leer. Ich denke soche Momente, wie dieser, oberhalb dieser menschenarmen Schlucht, mit Blick auf den so strahlenden Fluss, werde ich wohl mein ganzes Leben in Erinnerung behalten und mit großer Freude und Sehnsucht daran zurück denken.

Holpriger Nachmittag und erster Plattfuß

Irgendwie war es ja schon zu erwarten gewesen. Ich hatte es die ganze Zeit an diesem Tag im Kopf. Die Straße wurde immer schlechter. Immer größere Schlaglöcher, große spitze Steine und ein wahrscheinlich etwas überladenes Fahrrad. Das führte dann nach ca. 4.000 Kilometern zu meinem ersten Plattfuß. Ich hatte gestern Abend noch einmal beide Reifen aufgepumpt, aber es half nichts. Nun stand ich da. In the middle of nowhere mit meinem defektem Rad. Doch kein Problem dachte ich mir, wechselte schnell den Schlauch und fing an ihn aufzupumpen. Doch leider funktionierte meine Pumpe nicht richtig. Ich konnte mit sehr viel Kraft und Mühe gerade einmal drei bar in den Reifen bekommen und so weiter zu fahren, wäre eine Garantie für einen weiteren Plattfuß. Zum Glück kam dann die Mountainbikerin und half mir mit ihrer Pumpe aus. Doch scheinbar hatte ich auch hier nicht ausreichend gepumpt und so stand ich zwanzig Kilometer später wieder mit einem Platten dort.

Freundliche Autofahrer, es waren genau zwei, die an mir vorbeifuhren, fragten ob ich Hilfe bräuchte, aber ich versuchte es diesmal mit meiner Pumpe und hoffte, dass ich die letzten Kilometer irgendwie durchkommen würde. Ich schaffte es dann zum Glück auch. Ich fuhr sehr langsam und behutsam, konnte aber einen dritten Platten vermeiden.

Der letzte Anstieg des Tages, der Wards Pass, hatte es dann aber noch einmal in sich. Kurz, aber sehr sehr steil mit schlechtem Untergrund, quälte ich mich den Berg hinauf. Ich stand nur noch und versuchte das Absteigen zu vermeiden. Einmal musste ich kurz ausklicken, da ich das Gleichgewicht verloren hatte, konnte aber irgendwie wieder aufs Rad und erreichte diese letzte Hürde, ehe es nur noch langsam und vorsichtig bergab zur Molesworth Station ging.

Die Molesworth Station ist nicht nur ein Campingplatz, der lediglich über Flusswasser und ein Plumpsklo verfügt, sondern ein riesiges Farmgebiet, dass noch auf traditionelle Art und Weise betrieben wird. Das Farmland ist allerdings im Privatbesitz und deshalb ist Freecamping untersagt. Neben Pferden, Schafen und Kühen, gibt es im nördlichen Teil ein sehr großes Weinanbaugebiet, was ich aber erst morgen zu sehen bekomme.

Die Sonne verabschiedet sich so langsam hinter den teilweise noch mit Schnee bedeckten Bergen und es wird kühl auf den 800m.

Ich freue mich schon auf den zweiten Teil dieses Trails, hoffe aber auch, dass ich nicht noch weitere Platten haben werde.

Radsportliche Grüße

Healthy Roadbike