Velotour Frankfurt Eschborn
Das Wetter bestimmt das Rennen und fordert seine Opfer
Nicht nur bei den Profis mussten einige namhafte Fahrer vom Rad steigen, auch bei den Jedermännern kamen nicht alle wie geplant ins Ziel. Doch dazu später mehr.
Hektischer Beginn in der Frankfurter City
Wie zu vermuten war, waren die ersten 40 Kilometer von Hektik, Stürzen und fliegenden Trinkflaschen geprägt. Durch die Frankfurter Innenstadt hieß es deshalb immer wieder Vollgas-abbremsen-Vollgas-abbremsen. Das kostete viel Kraft, aber auch hohe Konzentration und ich war froh, als die Bergwertung zum Feldberg begann.
Der längste Anstieg des Tages-wegweisend
Die Gruppe war auch noch am Fuße des Feldbergs sehr groß und viele Fahrer konnten das Durchschnittstempo von ca. 40km/h mitfahren. Das änderte sich allerdings sehr schnell. Viele der Jungs und Mädels, die von ihren dicken Oberschenkeln bei dem ständigen stop and go noch profitiert hatten, mussten jetzt die Jungs und Mädels mit den nicht ganz so dicken Oberschenkeln und noch viel dünneren Oberkörpern ziehen lassen und so riss das große Feld in viele Teile.
Ich entschied mich dazu diesmal nicht so viel zu investieren und lieber meine Schwellenwerte zu treten, da ich wusste, dass der Anstieg sehr lang werden würde. So ließ ich die erste Gruppe, in der Fabian von der Scuderia noch dabei war, ziehen und fuhr mein Tempo. Die Fahrer, die am Anfang noch wie wild an mir vorbeischossen, sammelte ich so nach und nach wieder ein. Ich will nicht sagen, dass es eine entspannte Auffahrt war, sondern dass ich kontrolliert den Anstieg hoch fuhr. Das bedeutet in Zahlen: Ø Watt 310 - Ø Puls 174 - Ø km/h 23,8 Somit lag ich durchschnittlich etwas unter meiner Schwelle. Für die Bergwertung bedeutete das Platz 50 von knapp 3.000 gestarteten Männern, die den Feldberg fuhren.
Am Gipfel beginnt das Ende
Mit sehr gutem Gefühl in einer größeren Gruppe kam ich dann oben am Feldberg an. Ich war guter Dinge, dass ich jetzt gut platziert war und so war es bis dahin auch. Es war nur eine größere Gruppe mit ca. 20 Fahrern vor meiner Gruppe, die ca. 25 Mann stark war. Und von denen die vor uns waren, würden einige Fahrer auf die 80 oder die 110 km lange Strecke abbiegen. Somit war ein Platz unter den Top 20 durch aus realistisch.
Doch es kam alles anders als gedacht. Am Gipfel des Feldbergs fing es an zu regnen. Zunächst nur leicht und dann immer mehr. Das wäre auch kein Problem gewesen, wenn die Temperaturen nicht von 13 Grad am Start in Eschborn bis auf 2 Grad im Taunus fielen. Eine super Idee im kurzen Einteiler an den Start zu gehen. Zunächst ließ ich mich davon allerdings nicht beeinflussen.
Alle Hügel bis auf Einer
Nach dem Feldberg geht es die nächsten 25 Kilometer bergauf und bergab, ehe es dann flach wird und "nur" noch der Mammolshain wartet. Im flachen Teil kühlte ich so extrem aus, dass ich meinen Lenker kaum mehr halten konnte. Meine Schuhe standen voll mit Wasser und mein ganzer Körper hatte Gänsehaut. Ich konnte nicht mehr in der Gruppe fahren, die sich uneinig über die Tempoarbeit war und entschloss mich vorne einzuklinken und mich vielleicht so wieder warm zu fahren. Leider gab es nur eins, zwei Fahrer, die mich bei der Tempoarbeit unterstützen und so arbeitete ich alleine im Wind. Meine Beine fühlten sich aber noch super frisch an und ich konnte es kaum erwarten zum Mammolshain zu kommen und dass ich evtl. noch einmal attackieren konnte oder mit einer Gruppe wegfahren konnte.
Körperlicher Zusammenbruch
Ab Kilometer 90 ging es dann durch einige kleine Orte und auf der ein oder anderen Kopfsteinpflaster-Passage merkte ich, dass mein ganzer Körper anfing zu streiken. Ich zitterte am ganzen Körper und mir wurde total übel. Ich fuhr trotzdem noch weiter und hoffte, dass es besser werden würde. Doch dann ging es nicht mehr. Ich ließ die Gruppe ziehen, fuhr noch ein wenig alleine weiter, hielt an und zog mir die Regenjacke drüber. Der ein oder andere wird jetzt denken, warum ich das nicht während der Fahrt gemacht hatte, doch es ging nicht. Durch das viele Wasser auf der Straße konnte ich kaum mehr etwas sehen, die Brille war komplett verdreckt und ich zitterte mittlerweile so sehr, dass ich selbst im Stehen die Jacke kaum anziehen konnte. Als eine kleine Gruppe von hinten kam, wollte ich sogar noch den Anschluss bei dieser bekommen, fuhr wieder los, fast in die Gruppe rein und blieb ein paar Meter später wieder stehen um den nächsten Versuch zu starten die Jacke anzuziehen.
Diesmal nahm ich mir die Zeit und fuhr langsam weiter.
Die Qual der Wahl
Kurze Zeit später kam ich dann zur Streckentrennung. 110km oder die geplanten 125? Natürlich entschied ich mich für die 125km und quälte mich die restliche Strecke mit zitterndem Körper über Mammolshain und zurück Richtung Eschborn. Auf der Abfahrt nach Eschborn dachte ich, dass ich gleich einfach umkippen würde. Einfach weil ich meinen Lenker nicht mehr halten könne. Ich musste mich entscheiden, entweder ich versuchte den Lenker fest zu halten oder ich bremste. Beides ging nicht. Also hielt ich den Lenker fest und hoffte, dass nicht irgendjemand vor mir plötzlich bremste. Zum Glück passierte das nicht.
Vom Ziel nichts gesehen
Als ich das Piepen der Transpondermatten im Ziel hörte rollte ich zum Rand stieg vom Rad, hob das Rad über die Absperrung und fuhr auf direktem Weg zum Auto. Ich hatte nur noch das trockene und warme Auto vor meinen Augen und alles andere war mit völlig egal. Transponder konnte ich auch noch nachher abgeben und eine Medaile fliegt sowieso nur zu Hause rum. Am Auto angekommen, Klamotten ausziehen, dabei riss ich mir noch ein Loch in den Einteiler :( trockene Kleidung an, Auto starten, Heizung auf 30 Grad (mehr geht nicht), Sitzheizung an, Lenkradheizung an und aufwärmen.
Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass ich in meinem Leben noch nie so sehr gefroren habe, wie an diesem Tag. Ich habe schon echt niedrige Temperaturen im Skiurlaub erlebt, aber so kalt, wie an diesem Tag, war mir noch nie.
Fazit
Im Endeffekt ärgere ich mich nicht nur darüber, dass ich mich nicht wärmer angezogen habe, sondern auch, dass ich mich nicht schon vor dem Anstieg zum Feldberg, da war es allerdings noch trocken, nicht für die 80km Runde entschieden habe. Ich hätte mit Volldampf den Feldberg hochfahren können und wäre mit Sicherheit mit den ersten Fahrern der 80km Strecke ins Ziel gekommen, hätte weniger gefroren und wäre danach wohl auch nicht eine Woche krank gewesen.
Aber so ist das im Radsport und im Leben und auch diesmal habe ich wieder dazu gelernt.
Am Ende ist es Platz 66 auf der 125km Strecke geworden. Damit 23 Plätze besser als im vergangenen Jahr. Das ist doch auch schonmal was ;)
Hier seht ihr einen kleinen Zusammenschnitt des Rennens. Leider hat auch meine Kamera das Wetter nicht überstanden und ich hoffe, dass mir Drift Innovations bis Rund um Köln ein Ersatzgerät zur Verfügung stellt.
Ich hoffe ihr habt euer Rennen sturzfrei absolviert und habt nicht die letzten Tage im Bett verbracht.
Radsportliche Grüße
Healthy Roadbike