Velorace Dresden - Durch die Perle an der Elbe mit Schönheitsfehler

Wo einen der Radsport so hinführt. Die Reise in den Osten brachte viele Highlights mit sich, sowohl sportlich, als auch kulturell.

Dresden ein weiter Weg, der sich lohnt

Was gibt es schöneres, als seinen Sport mit eine Familienreise zu kombinieren. Das dachten sich auch meine Freundin und meine Mutter, also begleiteten sie mich zum diesjährigen GCC Rennen in Dresden.

Damit wir noch etwas von der Stadt sehen konnten, machten wir uns schon am Freitagmittag auf den Weg in den Osten. Wir hatten es bisher noch nicht nach Dresden geschafft, deshalb waren wir gespannt was uns dort erwartet.

Nach einer langen, anstrengenden Autofahrt, bei der sich der Himmel pausenlos von lästigen Flüssigkeiten trennte, kamen wir in Dresden bei trockenem Wetter, wenn auch sehr frischen Temperaturen an. So konnten wir im Biergarten "Altes Wettbüro" sogar draußen sitzen und ich schob mir die erste Portion Nudeln rein. Die Location und das Essen dort sind wirklich sehr zu empfehlen, auch wenn mir die Portion natürlich nicht ausreichte, aber so konnte ich in unserer Unterkunft wenigstens noch ein paar Haferflocken essen, was ich immer als Rennvorbereitung mache.

Sightseeing meets carboloading

Normalerweise habe ich ja den Tag vor dem Rennen einen genauen Plan, inwieweit ich mich körperlich betätige und was so in meinen Magen kommt. Wenn man viel von einer Stadt sehen möchte und nicht sein Essen dabei hat, dann führt dies zu einem Interessenkonflikt. Doch manchmal schiebe auch ich meine Disziplin auf Seite und passe mich meinem Umfeld an.

So ging es am nächsten Morgen zum dicken Frühstücksbuffet ins Alex. Das Alex gibt es, soweit ich weiß, in fast jeder großen deutschen Stadt und man hat eine große Auswahl an Produkten, auch wenn die Qualität nicht unbedingt zur Spitzenklasse gehört. Ich ließ außer Süßspeisen wie Nutella etc. nichts aus und füllte meine Speicher randvoll ;)

Im Anschluss begann das Sightseeing Programm mit Stadtführung, Besuch der Frauenkirche mit tollem Ausblick und vielen weiteren Highlights der Stadt. Zwischendurch besorgte ich noch meine Startunterlagen, die man direkt im Stadtzentrum abholen konnte und wir, als insbesondere meine Freundin, shoppten an den Bike Ständen der Aussteller, die im Rahmen des Fahrradrennens vor Ort waren.

Planänderung - noch mehr carboloading

Plötzlich bekam ich eine Nachricht von Basti und Patrick. Die beiden waren gerade auf dem Weg von Köln nach Dresden und waren neben mir die einzigen Scuderisti, die an diesem Wochenende den Weg nach Dresden fanden. "Yo Joschi! Wir diskutieren gerade auf die 63km umzumelden, weil wir in den kurzen flachen Rennen immer mehr Fun hatten und früher zuhause wären. Was denkst du?"

Tja was dachte ich. Ich hatte mich schon auf die 105km gefreut und ja auch schon meine Startunterlagen geholt. Also rief ich die beiden an. Nach einem kurzen Gespräch verblieben wir, dass ich noch einmal zur Anmeldung gehen würde um nachzufragen, was eine Ummeldungen kosten würde und ob wir weiterhin in Startblock A stehen würden. Ca. eine Stunde später und 10€ leichter verließ ich die Anmeldung wieder und ich war für die 63km Runde eingetragen. Auch wenn es mich immer reizt die maximale Herausforderung an zu gehen, gab ich Basti und Patrick vollkommen Recht und wenn sich beide auf der Kurzdistanz wohler fühlen sollten, dann wollte ich da auch keine Diskussion draus machen. Großer Vorteil war mit Sicherheit, dass das Kurzdistanz Rennen schon um 08:45 Uhr startete und nicht erst um 11:45 Uhr und auch nur ca. 1,5 Stunden dauern würde. Somit würden wir wieder früher in Köln sein.

Als ich dann wusste, dass die Belastung am nächsten Morgen nicht mehr ganz so hoch sein würde und vorallem nicht mehr so lang, gönnten wir uns eine Eierschecke. Desdener Spezialität, die ich nur jedem empfehlen kann. Schmeckt für mich wie ein besonders fluffiger Käsekuchen. Ich weiß aber nicht, ob ich das jedem vor dem Rennen empfehlen würde ;)

Teambesprechung - Kurzdistanz

Am Abend trafen sich Basti, Patrick und ich mit meiner Familie zur Teambesprechung beim Italiener. Nudeln, Gnocchi und Pizza standen auf den Speiseplan und natürlich die Taktik für den nächsten Morgen.

Die Aufgaben wurden klar verteilt. Patrick würde der Leader unseres kleinen Teams sein und versuchen entweder mit einer starken Gruppe mitzugehen, wenn es Aussicht auf Erfolg gab und er würde im Zielsprint von Basti und mir positioniert werden. Patrick ist mit Sicherheit zur Zeit unser stärkster Fahrer und dazu auch noch wahnsinnig endschnell. Basti gehört auch mehr zu den Sprintern im Team und sollte versuchen das ein oder andere Hinterrad im Auge zu behalten, damit er dann auch in den Sprint eingreifen konnte. Meine Aufgaben lagen in den Helfertätigkeiten. Ausreißaktionen von anderen Fahrern unterbinden bzw. wieder neutralisieren. Hin- und wieder Tempoverschärfungen, wenn es zu locker wurde und vorallem, was auf flachen Strecken besonders schwierig ist, sich immer ganz vorne im Feld positionieren und somit einen guten Überblick über die Rennsituation zu bekommen. Falls es eine Gruppe gab, die sich absetzen könnte, sollten entweder Patrick oder ich dort vertreten sein.

Der Plan stand also und die Teller waren leer gegessen. Das Rennen konnte kommen!

Streckenbesichtigung und Startvorbereitung

Morgens ging es früh aus den Federn. Patrick und Basti machten sich auf den Weg ihre Unterlagen zu holen und ich machte mich nach einem Frühstück aus eingeweichten Haferflocken in Kuh- und Kokosnussmilch mit einer zerkleinerten Banane ebenfalls fertig, damit wir uns in Ruhe noch einmal die Strecke anschauen konnten.

Ich wusste noch garnicht, was auf uns zukommen würde und deshalb war ich sehr erleichtert, als ich bei der Aufwärmrunde sah, dass die Strecke zwar die ein oder andere knifflige Stelle hatte, aber die Straßen breit waren und auch die Bahnschienen keine all zu große Gefahr darstellen sollten. Man querte zwar einige davon, allerdings waren sie sehr gut gekennzeichnet und wenn es trocken bleiben sollte, würde man auch nicht darauf ins Rutschen kommen.

Im Gegensatz zu Patrick und Basti fuhr ich ganz entspannt über die Strecke und legte weder Sprints, noch kurze Intervalle ein. Vieles ist mit Sicherheit Kopfsache, aber ich bin bisher ganz gut damit gefahren die Tage vor dem Rennen garnicht zu fahren und am Tag selbst nicht all zu groß zu belasten.

Als wir um 08:00 Uhr in den Startbereich rollten, war noch kaum etwas los und so standen wir ganz vorne am Absperrband, was wir uns auch vorgenommen hatten.

Neutralisierter Start  - Mit Knallgas weiter

Vom Neumarkt, direkt vor der Frauenkirche und der Luther Statue rollten wir um 08:40 Uhr los in Richtung Elbufer. Ein Begleitfahrzeug verpasste es aus irgendeinem Grund rechtzeitig los zu fahren und so schoss es irgendwann ziemlich knapp an einigen Fahrern wieder vorbei. Ich mein Sonntags um viertel vor 9 kann man auch nochmal kurz einnicken. Im Vergleich zum GCC Rennen in Göttingen, wo die neutralisierte Phase eigentlich nichts mit langsamen aus der Stadt rausrollen zu tun hat, lief dies in Dresden deutlich lockerer und wir kamen auf maximal 25km/h. Das kurze Stück war aber dennoch schnell vorbei und so setzte ich mich an die Spitze der Gruppe, als wir die Start und Zielmatte überquerten. Der kurvenreiche Beginn wurde schon recht zügig gefahren, aber es war keine große Herausforderung vorne dabei zu bleiben.

Schon recht früh versuchte der ein oder andere Fahrer auszureißen. Die Haberich Cycling Crew, die an diesem Tag am stärksten vertreten war, baute immer wieder einen Zug auf um das Tempo hoch zu halten und den ein oder anderen Ausreißerversuch zu unterbinden.

Buntes Peloton birgt Gefahren

Immer wieder fuhr ich nach vorne um mich zu positionieren und den ein oder anderen Fahrer wieder einzufangen, aber die Bedingungen waren auch alles andere als optimal für einen Ausreißer oder eine ganze Gruppe von Ausreißern. Der Wind auf der langen Zielgeraden war doch recht stark und keiner ließ einem Ausreißer auch nur im Ansatz die Möglichkeit weg zu kommen. Sofort reagierte man, wenn ein Fahrer ging, gerade wenn es einer der Teams war.

So blieb die Gruppe zusammen und verkleinerte sich durch den ein oder anderen Sturz immer weiter auf ca. 70 Fahrer. Immer wieder kam es allerdings zu engen und vermeidbaren Situationen. Ich bin zwar ein Freund davon, dass ein Jedermann Rennen auch wirklich aus Jedermännern und nicht ehemaligen Lizenzfahrern oder Profis besteht, allerdings fuhren einige Fahrer rücksichtslos und total unberechenbar. Immer wieder musste ich Leute auf die Seite drücken, die einfach nicht aufpassten, musste Bremsen, damit ich dem plötzlichen Spurwechsel meines Vordermanns ausweichen konnte und mich immer wieder nach vorne bringen, damit ich in Kurven den unsicheren Fahrern aus dem Weg ging.

Das funktionierte zum Glück alles sehr gut, sodass ich auf der Zielgeraden wieder nach vorne fuhr um das Tempo noch einmal ein bisschen anzuziehen. Es dauerte sehr lange bis die Gruppe wieder langsam an mir vorbeizog und man spürte die Nervosität, die ca. 1.500m vor dem Ziel herrschte. Es wurde von rechts nach links gewechselt, es kamen Fahrer nach vorne, die dann aber wieder nach hinten durchgereicht wurden und es wurden waghalsige Aktionen gefahren. Als ich gerade wieder an den ca. zehn Fahrern vor mir rechts vorbeiziehen wollte lag ich plötzlich. Es ging alles so wahnsinnig schnell und ich konnte garnicht reagieren, als ich plötzlich von links voll abgeräumt wurde. Es knallte, ein Fahrer flog noch über mich drüber und nun lagen wir zu vier oder fünf Mann auf der Straße. Die Räder ineinander und ich fluchte wie verrückt. 1.000m vor dem Ziel hatte es mich hingehauen. Was für ein Pech und was für ein Frust.

Ziel in Sicht und doch so weit

Ich sprang wieder auf und schnappte mir mein Fahrrad. Ich hatte nur noch im Kopf das Ziel zu erreichen. Doch daraus wurde so schnell nichts. Lenker verdreht, STI (Schalthebel) gebrochen, Plattfuß und Kette ab. Weiterfahrt nicht möglich. Also trug ich mein Fahrrad. Doch nach nur wenigen Metern hatte ich davon die Nase voll. Ich wollte unbedingt ins Ziel kommen. Meine Familie stand doch am Rand und wartete auf mich.

Also schaffte ich es irgendwie meine Kette wieder einzufädeln und fuhr mit schiefem Lenker und Plattfuß langsam die letzten Meter ins Ziel. Basti und Patrick kamen mir schon entgegen und hatten sich schon Sorgen gemacht, wo ich denn abgeblieben sei. Sie waren zum Glück nicht in den Sturz verwickelt.

Das Video zum Sturz seht ihr  hier:

Ziel erreicht - Team-Ziel erreicht

Doch nicht nur ich hatte dann als 81. das Ziel geschunden erreicht, sondern auch unser Teamziel wurde erreicht. Die Jungs teilten mir sofort mit, dass Patrick es geschafft hat. Platz 3 im Zielsprint. Wow was für ein Ergebnis. Unser Plan war aufgegangen. Auch wenn wir nur zu dritt waren, hatten wir es geschafft das Rennen zu kontrollieren und Patrick konnte sich auch ohne meine Unterstützung sehr gut vorne durchsetzen. Ich freue mich total für Ihn, da er in dieser Saison auch viel gelitten hat, selbst mehrfach gestürzt ist und das wo er so wahnsinnig diszipliniert und umfangreich trainiert hat. Also auch noch einmal auf diesem Weg einen herzlichen Glückwunsch an Patrick. Es ist toll so einen Erfolg im Rahmen der Scuderia mitzuerleben, auch wenn ich meine Freude an diesem Tag nicht ausreichend zum Ausdruck bringen konnte.

Fazit

Was für ein erlebnisreiches Wochenende in Dresden. Eine tolle Stadt, nette Menschen, auch wenn ich mich mit dem Dialekt nie anfreunden werde und ein sehr cooles Rennen. Mit dem 3. Platz von Patrick hat sich die Reise wirklich gelohnt auch wenn sie für mich im Nachhinein sehr kostspielig ist.

Ein großes Dankeschön an alle Helfer und Organisatoren des Velorace Dresden. Das Rennen war sehr gut organisiert, alle Gefahrenstellen waren ausreichend gekennzeichnet und die Abläufe waren gut durchdacht.

Eine gute Besserung an alle gestürzten Fahrer, insbesondere an Daniel Näther, der ein tolles Rennen gefahren ist und genau wie ich keine Chance hatte dem von links heranrauschenden Fahrer auszuweichen. Das Team Haberich hat sich mal wieder von einer sehr sympathischen Seite gezeigt und ich drücke allen Mitglieder viel Erfolg und Spaß in der weiteren Saison.

Danke natürlich auch an meine Familie, die mich begleitet hat und so viel Rücksicht auf mein Hobby nimmt.

Rasportliche Grüße

Healthy Roadbike