Radsport, wo die Angst vor dem day zero herrscht - Cape Town Cycle Tour Teil 1

Ein Radrennen ohne Wasser und bei politischem Chaos? Detlev Brandt ist im Interview und berichtet vom besonderen Rennen am südlichsten Punkt Afrikas.

Südafrika ein absoluter Traum vieler Europäer. Beeindruckende Landschaften, mildes Klima, wilde Tiere und niedrige Lebensunterhaltungskosten. Nicht ohne Grund suchen wir im deutschen Winter immer öfter den Weg in die sommerliche Region.

Auch viele Radsportler fühlen sich in Südafrika pudelwohl und nutzen die Temperaturen für ein umfangreiches Trainingslager. Das ist wohl auch der Grund dafür, dass mittlerweile viele Radsportveranstaltungen in der Region um Kapstadt stattfinden. Eines dieser Events ist die Cape Town Cycle Tour. In diesem Jahr gehen über 26.000 Radsportler auf die 109 Kilometer lange Strecke. Die Fahrer machen sich von Kapstadt auf den Weg zum Kap der guten Hoffnung und fahren dann an der Küste entlang zurück in die Stadt.

Wer schon einmal in dieser Region war, der weiß, dass es landschaftlich eine absolute Augenweide ist, dort ein Rennen zu fahren.

In diesem Jahr findet die Veranstaltung unter besonderen Bedingungen statt. Die Medien waren in letzte Zeit voll von Südafrika. Nicht nur die politische Situation und der Machtwechsel an  der Spitze des Landes, sondern vorallem der Wassermangel, hat dafür gesorgt, dass Südafrika immer wieder ein Thema in der Tagesschau wurde.

Grund genug sich dieses Event und die Rahmenbedingungen genauer an zu schauen. Detlev B., leidenschaftliches Mitglied der Scuderia Südstadt e.V. in Köln, wird an der Cape Town Cycle Tour teilnehmen und steht Healthy Roadbike für ein Interview zur Verfügung.

 

Detlev, du bist Kölner, verbringst aber schon seit vielen Jahren deine Winter zum Trainieren in Südafrika. Wie kamst du ausgerechnet auf Südafrika und was hat dich bewegt dort zu verweilen?

Dafür dass ich einige Wochen im Wintertrainingslager in Kapstadt verbringe, gibt es mehrere Gründe. Ich kenne Kapstadt von meinem früheren Beruf her. Ich bin ein paar Jahre zur See gefahren und liebe Städte wie Sydney, Vancouver und Kapstadt, weil sie tolle (Hafen-)Städte sind und ein interessantes Hinterland haben. Kapstadt punktet mit: Es ist gut zu erreichen, hat keine Zeitverschiebung, hat ein gemäßigtes Klima, bedingt durch die Ozeane, es gibt viele sehr gute Restaurants, die Lebenshaltungskosten sind recht günstig, es gibt viele kulturelle Veranstaltungen wie Jazzfestival oder das neue Zeitz Museum of Contemporary Art, es gibt sogar Karneval hier und nicht zu vergessen, es wird in der Regel englisch gesprochen. Es gibt natürlich auch problematische Punkte in Südafrika, aber dazu später.

Erzähl uns doch noch ein bisschen mehr von dir. Wie würdest du dich als Radsportler beschreiben, wo siehst du deine Stärken und deine Schwächen? Was bedeutet der Radsport für dich?

Ich habe vor Jahren für mich das Laufen als Ausgleichssport entdeckt. Ich bin beruflich viel in Deutschland unterwegs und es gibt nichts einfacheres wie Abends oder Morgens im Hotel in ein paar Laufschuhe zu steigen und ne Runde durch die Stadt zu laufen. Um dabei einen Trainingsanreiz zu haben, habe ich an etlichen Halbmarathons und Marathons teilgenommen. Durch eine Teilnahme (Firmenevent) an den Vattenfall Cyclassics habe ich für mich den Rennradsport entdeckt. Der Unterschied zum Laufen ist der, beim Laufen bist du Einzelkämpfer und läufst nach deinem Plan und der Radsport ist eine Teamleistung. Ich mag das Radfahren in der Gruppe weil es einen pusht sein Team zu unterstützen und genauso unterstützt einem das Team um weiter vorwärts zu bekommen. Ich bin nicht der Typ, der auf Platzierungen aus ist und schon gar nicht habe ich das Bestreben auf dem Treppchen zu stehen, dafür bin ich nicht mehr der Jüngste und auch nicht der fitteste. Trotzdem setze auch ich mir kleine Ziele, die mich aber auch nicht aus der Bahn werfen, wenn ich sie nicht immer erreiche. Oberstes Ziel ist es gesund anzukommen und Spaß auf der Strecke zu haben. Egal ob im Rennen oder bei einer Trainingsausfahrt.

Jetzt würde es nicht Healthy Roadbike heißen, wenn ich dich nicht auch zu deiner Ernährung befragen würde. Richtest du dein Training auch nach deiner Ernährung oder andersherum? Spielt die Ernährung für dich im Radsport eine wichtige Rolle?

Also ich bin gerade dabei mein Gewicht auf ein altersgerechte Maß zu trimmen und habe vor meinem Urlaub mal eben eine Diät eingeschoben und in etwa 25 kg abgenommen (von 122kg auf 97kg) Ziel ist es mein Gewicht auf 89-88 kg einzupendeln bei einer Körpergröße von 184 cm. Die Gründe sind auch hier vielschichtig, langfristig ist ein „Idealgewicht“ gesünder, es bringt mich natürlich auch sportlich ein Schritt weiter. Ich komme inzwischen besser über die Anstiege und finde gerade gefallen an längeren Bergpassagen und ich möchte mal wieder versuchen einen Marathon unter 4 Std zu finishen. Na ja und schicker siehts darüber hinaus auch noch aus.

Trotz allem bin ich aber auch ein Genussesser und liebe es auch ein Gläschen Wein oder Cyder zu trinken und zu der Ausfahrt gehört der Cappuccino mit Käse-bzw. Apfelkuchen.

Du nimmst in diesem Jahr bei der Cape Town Cycle Tour teil. Wie bist du ausgerechnet auf die Veranstaltung gekommen und welche Ziele hast du dir gesetzt?

Ich kenne das Event schon lange und mag den Flair bei dem Rennen. Die Südafrikaner sind sehr sportbegeistert und an der Strecke ist permanent etwas los und es herrscht eine Riesenstimmung und Unterstützung. Für mich ist dieses Rennen noch mehr wie alle anderen Rennen ein reines Unterhaltungsrennen.

Südafrika verbinde ich immer auch ein bisschen mit mangelnder Sicherheit und Kriminalität? Wie erlebst du diese Faktoren und bist du der Auffassung, dass man hier problemlos trainieren kann?

Ja sicherlich gibt es auch in Südafrika ein Sicherheitsproblem, aber das ist immer subjektiv und wo ist es sicher? Den Freund meiner Tochter haben sie am frühen Abend auf der Deutzer Freiheit überfallen um an sein Handy zu kommen. Hier bin ich schon mehrfach durch die vermeintlich wildesten Gegenden gefahren und bisher ist mir nichts passiert. Ich schaue immer, das ich Gegenden meide wo Drogen konsumiert werden, denn die Konsumenten sind wirklich unberechenbar und gefährlich.

Ich habe vor kurzem einen Artikel von einem Triathleten gelesen, der auf der Straße überfallen wurde und dem man gedroht hat ihm die Beine abzusägen. Sind das Nachrichten, die dich noch schockieren oder blendest du das während deines Trainings völlig aus?

Es gibt nirgendwo 100% Sicherheit, weder in Köln noch in Kapstadt. Man darf halt nie zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort sein. Das ist wie mit einem Verkehrsunfall, keiner möchte einen Verkehrsunfall haben trotzdem passiert es hin und wieder.

Neben den politischen Unruhen der letzten Wochen und Monate, war auch immer wieder Wasser bzw. Trinkwasser ein großes Thema in den Medien. Für uns Europäer unvorstellbar, aber wie gehst du während des Trainings damit um, dass das Trinkwasser pro Person auf 50l begrenzt ist?

In Deutschland verbrauchen wir ca 120 l am Tag. Mit einem bisschen nachdenken ist es kein Problem den Verbrauch zu halbieren. Also beim Duschen beim Einseifen das Wasser abstellen. Etwas kürzer Duschen. Geschirr und Zähneputzen nicht bei laufendem Wasserhahn und das reicht schon aus.

Wie ist deine Meinung zum Trinkwasser Problem? Wo sind Fehler begangen worden oder bist du der Auffassung, dass das Thema durch die Medien zu sehr hochgekocht wird?

Das Trinkwasserproblem ist ein lokales Problem in Kapstadt. Ein paar Kilometer weiter in Stellenbosch ist es überhaupt kein Problem. Das Problem in Kapstadt ist vielschichtig. Zum einen wächst die Stadt rasant, es gibt eine Menge Zuwanderung, dafür ist die bisherige Wasserversorgung nicht ausgelegt. Es gab bisher kein Bewusstsein dafür, das Trinkwasser ein endliches Gut ist. Der Wasserverbrauch war hier 3-4 mal so hoch wie in Deutschland! Jede Menge Trinkwasser wurde zum Autowaschen, für den Rasen oder den eigenen Pool verwendet. Es wurde mit dem Wasser vorher in keinster Weise gespart. Darüber hinaus gibt es in den letzten Jahren weniger Regenfälle. Dazu gab es gestern noch ein interessanten Artikel in der Presse, wo ein Wissenschaftler genau ausgerechnet hatte, was 1Grad Erderwärmung für Kapstadt regentechnisch bedeutet. Leider hat die Stadtverwaltung es auch versäumt rechtzeitig Alternativen zu nutzen. Es gäbe z.B. die Möglichkeit Meerwasserentsalzungsanlagen kostengünstig über Sonnenkollektoren zu betreiben. Eine Anlage gibt es inzwischen aber die schafft gerade mal ein Promille des Bedarfs abzudecken.

Detlev, vielen Dank für deine Einschätzung und viel Erfolg bei der Cape Town Cycle Tour. Wir sind gespannt, was du im Anschluss berichten wirst.

In Teil 2 lest ihr wie das Rennen für Detlev gelaufen ist und wie mit der Situation des Wassermangels umgegangen wurde.

Radsportliche Grüße

Healthy Roadbike