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Tag 52 Middlemarch

Ausgiebiger Ruhetag im Hotelzimmer

Ich bin noch immer alleine im Hotel und ich glaube kaum, dass sich das bis morgen früh noch ändert. Es hat den ganzen Tag immer wieder zwischendurch geregnet, jetzt soll es aber bis einschließlich Weihnachten trocken bleiben. 

Ausblick - die letzten 25 Tage auf dem Rad

Das hat mir heute die Möglichkeit gegeben mir einen Überblick über meine restliche Zeit auf dem Fahrrad zu machen.

Es sind noch genau 25 Tage und so wie es aussieht werde ich ungefähr die Hälfte davon noch auf der Südinsel bleiben und die restliche Zeit nutzen um wieder von Wellington nach Auckland zu kommen. Ich möchte keine Strecke zweimal fahren, gut die Fährfahrt ist davon ausgenommen, deshalb geht es jetzt noch einmal um die Planung.

Nachdem ich hier auf der Südinsel den Danseys Pass, Mount Cook, Lake Tekapo, Christchurch, Kaikoura und Hanmer Springs gesehen habe, setze ich in Picton mit der Fähre nach Wellington über. Dort werde ich den größten Teil an der Ostküste verbringen und stellenweise den Bus nehmen, da ich keine Lust habe über den Highway zwei zu fahren. Napier und Gisborne, werden wohl größere Städte sein, die ich besuche und von dort geht es einmal um das East Cape, ehe ich für die letzte Etappe wieder den Bus nach Auckland nehme. So zumindest die Theorie. Am Ende ändert sich der Plan bestimmt noch etwas.

Voraussichtlich liegen nun die letzten 1.000 Kilometer mit dem Fahrrad vor mir und ich werde somit wahrscheinlich 4.500 Kilometer insgesamt auf dem Tacho haben. Ich hatte Ursprünglich mit ca. 6.000 Kilometern gerechnet, habe mich aber dann doch auch für ein bisschen Genuss und Urlaub entschieden. Aber vielleicht schaffe ich ja noch die 5.000 zu knacken.

Zwischenfazit Radreise Neuseeland

Nach 3.500 Kilometern mal ein Zwischenfazit meiner Reise zu ziehen, ist vielleicht in Anbetracht der Fragen, die ich nun öfter gestellt bekomme, mal ganz angebracht.

Neuseeland ist der Wahnsinn! Das, was ich hier erlebe, hätte ich wohl nirgendwo auf der Erde sonst erlebt. Ein so entspanntes Reisen, ohne sich über das Thema Sicherheit oder Infrastruktur Gedanken machen zu müssen und trotzdem so in der Natur zu sein, ist wohl nur hier so zu finden.

Nachdem ich nun seit der Schulzeit im Job (Ausbildung/Studium) bin und nie die Möglichkeit hatte eine solche Reise zu machen, ist nun wohl ein optimaler Zeitpunkt dafür gewesen. Ich möchte mich auf diesem Weg auch noch einmal bei meinem Arbeitgeber bedanken, dass ich für die drei Monate freigestellt wurde. Das ist gerade in einem Familienunternehmen nicht üblich und ich weiß dies sehr zu schätzen.

Wenn man also noch keine privaten Bindungen hat, wie Kinder oder ein Haus o.Ä. dann bin ich der Meinung, dass man eine solche Reise machen muss. Wer den Radsport liebt, so wie ich das tue, der sollte es auf jeden Fall auch mit dem Fahrrad machen. Es ist viel zu schade, dass hier tausende Deutsche oder generell Europäer unterwegs sind, auch einige Radfahrer, aber der Anteil noch so gering ist. Neuseeland würde es gut tun, wenn noch mehr Fahrradfahrer auf den Straßen wären, denn in der Hinsicht, sind wir diesem Land einiges voraus.

An manchen Tagen ist es sehr hart und ich muss mich doch sehr stark motivieren. Manchmal ist es auch einsam und die vielen Backpacker starren in ihre Handys, auf ihren Laptop oder haben Musik in den Ohren. Auf der anderen Seite, treffe ich aber auch sehr viele, sehr offene und sympathische Menschen, die sich noch für den anderen interessieren und die sich von meiner Reise begeistern lassen.

Ich denke, wie bei jeder Reise gibt es Höhen und Tiefen, aber die Höhen sind hier deutlich intensiver, als die Tiefen. Ich habe auf jeden Fall auch gelernt, dass Offenheit etwas ganz Wichtiges im Leben ist und vorallem auch Gastfreundschaft. Man bekommt so viel zurück, wenn man offen und freundlich zu anderen Menschen ist und wenn man Interesse zeigt. Man braucht nicht gehemmt sein Menschen anzusprechen, sie nach ihren Plänen und Erfahrungen zu fragen. Keiner hat bisher unfreundlich oder abweisend reagiert. Jeder freut sich über die Kommunikation und den Austausch. Das werde ich auch mit nach Deutschland nehmen. Offener zu sein, mehr auf die Menschen zuzugehen, auch wenn sie einem unbekannt sind. Das bereitet einem große Freude und gerade mit Personen aus anderen Ländern zu sprechen, ist etwas sehr spannendes.

Ich habe beispielsweise in Invercargill eine schon etwas ältere Spanierin auf dem Campingplatz kennen gelernt. Sie spricht kein Wort Englisch, hat aber versucht mir deutlich zu machen, dass ich ihr Essen haben könne, da sie zu viel gekocht hat. Ich bedankte mich freundlich, aber ich hatte schon für mich eingekauft. Als ich dann mit ihr versucht habe zu sprechen, merkte ich, dass sie mich nicht verstand, also schnappte ich mir mein Handy und versuchte die Dinge ins Spanische zu übersetzen, die ich sie vorher auf englisch gefragt hatte. Sie hat sich total gefreut und wir konnten uns so ein bisschen unterhalten.

Solche Begegnungen wünsche ich mir auch im deutschen Alltag. Natürlich ist es dort wesentlich schwieriger, aber ich glaube, man hat definitiv die Möglichkeit dazu, wenn man es möchte.

Also lange Rede, kurzer Sinn. "Offenheit" ist wohl das Stichwort, dass ich als Zwischenfazit meiner Reise ziehe und was ich mit nach Deutschland nehmen möchte.

Hinzu kommt aber auf jeden Fall das Thema Ärger und Freude. Negative Dinge nicht herunterschlucken, aber, wenn ich sie nicht ändern kann, dann mache ich das Beste daraus und ärgere mich nicht mehr darüber. Ich denke ich verbringe zu viel Zeit in meinem deutschen Alltag damit mich zu lange über Dinge aufzuregen, anstatt mich wieder mit den schönen Momenten zu beschäftigen.

Etwas philosophisch, was ich hier nun geschrieben habe und es wird mit Sicherheit Leute geben, die das belächeln, doch das ist meine Erfahrung aus den 3.500 Kilometern durch Neuseeland ;)

Radsportliche Grüße

Healthy Roadbike